Fragen und Antworten zur Elektromobilität.
Fragen und Antworten zur Elektromobilität
Elektromobilität ist in aller Munde und vereint Fahrspaß mit vergleichsweise geringen Betriebskosten. Dabei schonen Sie auch noch die Umwelt!

In der Öffentlichkeit wird viel über Elektromobilität und Elektroautos diskutiert. In der öffentlichen Diskussion werden oft verschiedene Fakten falsch dargestellt oder in ihren Zusammenhängen unvollständig behandelt. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Hybrid und einem Elektrofahrzeug mit Rangeextender? Was ist der Unterschied zwischen einem Elektroauto und einem Wasserstoffauto? Wie hängen Ladeenergie und Ladeleistung zusammen? Wie viel Reichweite brauche ich in einem Fahrzeug? Viele Fragen, auf die in der öffentlichen Wahrnehmung sehr polarisierte und oft nicht vollständige Meinungen herrschen. Auf dieser Seite versuchen wir Ihnen die Technik und deren Zusammenhänge aus fachmännischer Sicht zu erklären und mit Vorurteilen aufzuräumen.

Michael Biggel ist Ingenieur für Fahrzeugtechnik. Er hat in seiner Abschlussarbeit die Elektrifizierung eines Prototypenrennfahrzeugs untersucht und in seiner Tätigkeit als freier Ingenieur auch an der Konstruktion eines Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellenrennfahrzeugs mitgewirkt.

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ELEKTROMOBILITÄT



Wie lädt man ein Elektrofahrzeug und wo soll der Strom herkommen?
Bei der Frage nach der Ladeinfrastruktur brechen aktuell immer heftige Diskussionen los. Oft wird dabei die Energie mit der Leistung verwechselt oder nicht differenziert.

Physikalisch betrachtet, reden wir bei Energie von Arbeit, die in Joule gemessen wird. Geläufiger als Joule (J) ist die Angabe in Wattsekunden (Ws) oder Kilowattstunden (kWh), welche jeder von der monatlichen Stromabrechnung kennen dürfte. Leistung ist wiederum Arbeit pro Zeit, also z.B. Kilowattstunde pro Stunde (kWh/h). Wer nun in Mathe noch fit ist weiß, dass sich die Zeit in diesem Fall herauslöst und die Einheit Kilowatt (kW) übrig bleibt.

Diese beiden Größen sind, wenn man sich über die Ladeinfrastuktur unterhält, sehr wichtig zu differenzieren. Wer an Ladestationen denkt, hat in der Regel das Bild von riesigen Ladesäulen vor Augen, die mit 10, 20 oder zukünftig auch mit 40 oder noch mehr kW laden können. Viele wissen nicht, dass man ein Elektroauto auch mit einem kleinen tragbaren Ladestecker an der ganz normalen (entsprechend abgesicherten) Steckdose laden kann. Diese Ladegeräte haben eine Leistung von ca. 3 kW und können überall hin mitgenommern werden.

An dieser Stelle macht es Sinn, eine kleine Beispielrechnung aufzustellen. Nehmen wir an, Sie fahren mit Ihrem E-UP! zur Arbeit. Laut Hersteller verbraucht der E-UP! im kombinierten Verkehr ca. 13kWh/100km. Fahren Sie also 30km zur Arbeit, verbrauchen Sie 3,9kWh. Stellt Ihnen Ihr Arbeitgeber nun eine normale Steckdose zur Verfügung, können Sie mit ihrem mobilen Ladstecker mit 3kW laden und Ihr Fahrzeug ist innerhalb von 1h 18min wieder vollgeladen. Sie sehen eine teure Schnelladesäule ist nicht notwendig. Ganz nebenbei, der zur Verfügung gestellte Strom muss nicht als geldwerter Vorteil angerechnet werden.

Als Gegenrechnung: Laden Sie Ihr Fahrzeug nach dem Weg zur Arbeit an einer Schnellladesäule mit 22kW ist der Akku bereits nach 10min wieder voll. Geleitet von unserer aktuellen Vorstellung von "Tanken", entspricht das Schnelladen dem, was sich die meißten Menschen heute unter "Laden" vorstellen. Richtig ist, dass das nicht funktionieren wird.

Viel mehr wird es so sein, dass es zur Gewohnheit wird beim Parken nicht nur die Handbremse anzuziehen und das Auto abzuschließen sondern auch es an den Strom zu hängen. Dabei muss das Fahrzeug, entgegen vieler Vorstellungen, ja nicht immer vollgeladen werden. Mal steht das Auto nur 10min (z.B. beim einkaufen), mal steht das Auto 8h (z.B. beim Arbeiten oder über Nacht). Ihr Fahrzeug hat also während der Standzeit genug Energie aufgenommen um damit durch den Tag zu kommen. Denken Sie dabei als Vergleich an Ihr Smartphone oder Tablet. Wenn Sie diese Geräte viel verwenden, haben Sie auch immer Ihr Ladegerät dabei und laden es wann immer Sie die Gelegenheit dazu haben.

Sie sehen also, bei der Frage: Wo soll der Strom her kommen? Spielt die Frage nach der Ladeleistung eine sehr wichtige Rolle. Die Gesamtmenge an Energie (kWh) ist nicht das Problem, wie eine Untersuchung der Stadt Tübingen herausgefunden hat. Natürlich muss es auch Schnellladesäulen geben, aber der größte Teil kann ohne Probleme mit kleinen Ladesteckdosen abgedeckt werden.


Elektroauto, Hybrid und Wasserstoff. Wie hängt das eigentlich alles zusammen?
Hier kommt die erste, für viele überraschende Wahrheit: Ein Wasserstoffauto meint in der Regel ein Brennstoffzellenfahrzeug und ist auch ein Elektroauto und wird in der Fachsprache mit "FCHEV" (Fuel Cell Hybrid Electric Vehicle) abgekürzt. Das als Elektroauto bezeichnete Fahrzeug ist genau genommen ein batterieelektrisches Fahrzeug, in der Fachsprache mit "BEV" (Battery Electric Vehicle) abgekürzt. Der Unterschied der beiden Antriebsarten ist also lediglich der Energiespeicher.

Ein Hybridfahrzeug "HEV" (Hybrid Electric Vehicle) hat einen konventionellen fossilen Antrieb mit einem Verbrennungsmotor und einen elektrischen Antrieb mit einem Elektromotor. Dabei treiben die beiden Systeme sowohl getrennt von einander als auch parallel das Fahrzeug an. Ein Plug-In-Hybridfahrzeug "PHEV" kann im Gegensatz zu einem reinen HEV über ein Ladekabel von außen mit Strom aufgeladen werden.

Ein Elektrofahrzeug mit Reichweitenverlängerung "REEV" (Range Extended Electric Vehicle) ist ein BEV mit einer energieerzeugenden Einheit, in der Regel ein kleiner Benzinmotor, welches als "Notstromaggregat" fungiert und so unabhängig von einem externen Stromnetz den Akku aufladen kann.

Mehr und mehr werden diese Grundtypen auch kombiniert, sodass verschiedene Merkmale auch für andere Fahrzeugtypen zutreffen.

Warum Akku und nicht Brennstoffzelle?
Welcher Energiespeicher hat also den besten Wirkungsgrad und ist am kostengünstigsten, um E-Autos anzutreiben? Beim batteriebetriebenen E-Auto verliert man nur acht Prozent der Energie beim Transport, bevor der Strom in den Akkus der Fahrzeuge gespeichert wird. Beim Umwandeln der elektrischen Energie zum Antrieb des E-Motors gehen dann noch einmal 18 Prozent verloren. Damit kommt das batteriebetriebene E-Auto je nach Modell auf einen Wirkungsgrad von 70 bis 80 Prozent.

Beim wasserstoffbetriebenen E-Auto sind die Verluste deutlich größer: 45 Prozent der Energie gehen bereits bei der Gewinnung von Wasserstoff durch die Elektrolyse verloren. Von diesen übrig gebliebenen 55 Prozent der ursprünglichen Energie gehen noch einmal 55 Prozent beim Umwandeln von Wasserstoff in Strom im Fahrzeug verloren. Damit kommt das wasserstoffbetriebene E-Auto nur auf einen Wirkungsgrad, modellabhängig, von 25 bis 35 Prozent. Der Vollständigkeit halber: Bei alternativen Kraftstoffen ist die Effektivität noch einmal deutlich schlechter. Der Gesamtwirkungsgrad liegt hier bei nur 10 bis 20 Prozent.

Konkret heißt das: Ein Wasserstoff-Auto verbraucht für die gleiche Strecke zwei- bis dreimal mehr Strom als das Batterie-Auto. Diese Art der Stromverschwendung können wir uns aber nicht leisten. Der knappe Grünstrom muss künftig so effizient wie möglich verwendet werden. Beim Pkw wäre Wasserstoff daher ein schwerwiegender Irrweg.


Ist die Herstellung von Elektroautos nicht umweltschädlicher als die Herstellung von Verbrennerautos?
Diese Diskussion wird wohl nie zufriedenstellend beantwortet werden können. Daher bemühen wir uns, zunächst ein paar Fakten gerade zu rücken.

Ein weit verbreitetes Argument gegen Lithium-Akkus ist die umweltvernichtende Abbauweise. Große Salzseen mit einem unglaublichen Verbrauch an Trinkwasser und die Verunreinigung von Grundwasser in Bolivien und Chile sind tatsächlich ein sehr großes Problem und genau so umweltschädlich, wie die Kritiker behaupten. Hier werden in großen Salinen, Lithiumsalze abgenaut. Die Salze werden aus der Erde in flache Becken gespült. Das Wasser verdunstet und übrig bleibt das Lithium. Die Bauern haben kein Wasser mehr, um Ihr Land und Vieh zu versorgen. Das Trinkwasser wird verunreinigt.

Volkswagen arbeitet sehr eng mit den Batterielieferanten zusammen, um die Verwendung von nachhaltig abgebautem Lithium in der Lieferkette sicherzustellen. Im vergangenen Jahr hat Volkswagen dazu ein erstes Memorandum of Understanding mit dem chinesischen Lithium-Lieferanten Ganfeng abgeschlossen. Ganfeng bezieht den Rohstoff unter anderem aus mehreren Minen in Australien. Darüber hinaus kommt in Elektro-Modellen von Volkswagen auch Lithium aus Chile zum Einsatz.

Über die gesamte Energie, welche für die Herstellung eines Elektroautos oder auch eines Verbrennerautos benötigt wird, lässt sich nur schwer ermitteln. Fakt ist, dass die Herstellung in jedem Fall sehr viel Energie benötigt. Somit ist es sinnvoll, die Produktionsstätten mit erneuerbaren Energien zu versorgen und diese Energie möglichst effizient zu nutzen. Aus diesem Grund wird das Volkswagen Werk in Salzgitter ausschließlich mit erneuerbaren Energien versorgt. In diesem Werk werden die Fahrzeugbatterien hergestellt.

An diesem Standort wird auch eine Recycling Anlage für Lithium-Akkus errichtet. Die wertvollen Stoffe sind sehr begrenzt. Daher haben die Hersteller ein großes Interesse daran, diese Stoffe wiederzuverwenden.


Sind die Ressourcen für Akkus nicht knapper als das Erdöl?
Das ist korrekt. 
Chile verfügt mit 8 Mio. Tonnen über die weltweit größten bekannten Lithium-Reserven. Damit liegt das südamerikanische Land vor Australien (2,7 Mio. Tonnen), Argentinien (2 Mio. Tonnen) und China (1 Mio. Tonne). Innerhalb Europas besitzt Portugal kleinere Mengen des wertvollen Rohstoffs. Insgesamt werden die weltweiten Reserven mit 14 Millionen Tonnen beziffert. Das entspricht der 165-fachen Fördermenge des Jahres 2018.

Deshalb wird zur Zeit auch fieberhaft daran gearbeitet, die ausgedienten Akkus zu recyceln und andere Akku-Typen zu entwickeln, welche keine seltenen Erden benötigen.

Das Lithium, welches wir im Abschnitt zuvor schon ausführlich behandelt haben, zählt zu den knappen Ressourcen für Elektrofahrzeuge. Aktuell sind Lithium-Ionen-Akkus die leistungsfähigsten am Markt, deshalb werden sie verwendet.

Derzeit wird von Volkswagen in Salzgitter eine Pilot-Recyclinganlage aufgebaut. Dabei fließen die bisherigen Erfahrungen aus der Forschung im Konzern ein und werden praxistauglich angewandt. Bereits ab 2020 können hier Batterien recycelt werden – zunächst 1.200 Tonnen pro Jahr. Das entspricht 3.000 Fahrzeugbatterien. Eine weitere Kapazitätserhöhung für die Jahre danach ist angedacht. Ohnehin wird es aber erst ab Ende der 2020er Jahre zu größeren Mengen an Batterie-Rückläufern kommen. Denn erst dann hat ein erster großer Teil der E-Fahrzeuge (ausgeliefert ab 2020 in größeren Stückzahlen) seine Nutzungsdauer erreicht.

Beim Recycling werden die einzelnen Bestandteile zunächst geschreddert, anschließend das Material getrocknet und gesiebt. So wird das sogenannte „schwarze Pulver“ gewonnen. In ihm sind die wertvollen Rohstoffe – Nickel, Mangan, Kobalt und Lithium – enthalten. Diese müssen dann nur noch einzeln getrennt werden. Danach stehen sie für die Produktion neuer Batterien sofort wieder zur Verfügung.